Hier: Der Hahn
Hallo Attila,
ich denke immer wieder mal über die Gefahren des Egos nach. Ich versuche die Grenzen des Hahns zu verstehen und ich kann sowas am besten mit Geschichten:
Neulich habe ich einer Freundin gesagt, dass ich einen Urlaub stornieren musste, aber gerne gefahren wäre. Das Ganze habe ich mit einem Schmollmund gemacht, gesenkter Stimme und gesenktem Kopf. Sie hat mit einem liebevollem Ooooch geantwortet und ein bisschen Trost. Dann ging das Gespräch normal weiter.
Wir beide kennen uns gut und sie weiß, dass mich die Stornierung jetzt nicht komplett aus der Bahn wirft. Auch weiß sie, dass ich den Urlaub irgendwann und nachholen werde, weil sie mich kennt. Sie hat auch keine sonstigen Bedenken, weil sie weiß, dass ich auch allein fahren werde, wenn es sich so ergibt und sie hat sich auch nicht selbst angeboten, weil es das nicht gebraucht hat. Weil es nur eine kleines liebes Döschen Trost gebraucht hat. Etwas Zwischenmenschliches.
Letztlich war es aber doch eine Haltung aus der Position des Hahns, der meiner Freundin gegenüber suggeriert hat: „Bitte sieh mich….. ich bin so arm…. Ich bin so klein…..“.
Den Hahn mit „sieh mich“ habe ich auch bei anderen Gelegenheiten bei mir beobachten können. Mal stärker – mal weniger stark. Aber wenn ich meinen Selbstwert betrachte, dann ist der schon einigermaßen ok. Die Verbindung hapert ein bisschen….
Und wenn Du es im Unterricht sagst mit den 3 Gefahren des EGO, dann rattert es in mir … und ich fühl ich immer schlecht…… Das böse, böse EGO, das bei mir durchkommt…….
Aber wie ordne ich das ein?
Das „Bitte sieh mich“ hat gegenüber meiner Freundin eine Bedürftigkeit angezeigt. Das ist der Knack-Punkt, den Du gesagt hat, weil es sich schlecht gute Beziehungen führen lässt, wenn man durch die Bedürftigkeit nicht gut mit sich selbst verbunden ist und das wahrscheinlich über den anderen kompensiert. Wahrscheinlich noch Wurzel und Herzchakra… aber das führt jetzt zu weit….
Jetzt hätte es sein können, dass die Freundin mich noch nicht so lange kennt. Und dann kommt es auch auf sie an, wie weit sie in ihrer Mitte ist. Sie hätte sich zum Beispiel genötigt fühlen können durch meine Bedürftigkeit, sich selbst anzubieten für einen Nachholtermin des Urlaubs. Und sie hätte gedacht, dass ich durch meinen Schmollmund sehr tief in der Bedürftigkeit drin bin. Das hätte auch irgendwie eine schlechte Energie gehabt.
Sicher gibt es Situationen, wo mein „Hahn“ eindeutig bedürftig und unangebracht ist – keine Frage…..
Aber wo ist die Grenze?
Wie kommuniziere ich dieselbe Situation mit der Stornierung des Urlaubs komplett ohne Ego – also ohne den Hahn?
Sage ich dann einfach: „Es haut mich nicht um, aber kannst Du mich ein bisschen trösten, weil ich leider einen Urlaub stornieren musste?“
Meine Schwester sagt ab und an mal zu mir. Drück mich – ich brauch das grad - und dann drücke ich sie und dann ist wieder gut. Da ist sie bedürftig und sagt es mir und für mich ist das ok.
Oder muss dann die Bitte um Trost komplett weg? Weil, wenn ich gut mit mir verbunden bin, dann ist eine Bitte nach Trost eine beziehungsschädliche Bedürftigkeit.
Oder kommuniziere ich es gar nicht. Weil es ist wie es ist.
Das fühlt sich aber auch irgendwie komisch an.
Oder ist die Ganze in dem Rahmen noch irgendwie ok?
Es beschäftigt mich.
Wie siehst Du das?
Liebe Grüße
Margit
PS.: Alle guten Wünsche an die vielen Hähne, die einfach nur liebe Tiere sind und hier herhalten müssen